Neuigkeiten im Wohnungseigentumsrecht

Kein Wegfall der Prozessführungsbefugnis durch die WEG-Reform bei vor dem 01.12.2020 anhängigen Verfahren einzelner Wohnungseigentümer

Nach dem bis zum 30.11.2020 geltenden Recht konnten einzelne Wohnungseigentümer in eigenem Namen Rechte wegen Störungen auch des Gemeinschaftseigentums geltend machen, sofern die Wohnungseigentümergemeinschaft die Ausübung dieser Rechte nicht an sich gezogen hatte. Dies betraf beispielsweise den Fall von unzulässigen baulichen Veränderungen durch einen Eigentümer oder auch nachbarrechtliche Ansprüche auf Beseitigung von Pflanzen, die den Grenzabstand nicht einhalten.

Seit dem 01.12.2020 gilt die Regelung des § 9a WEG, die bestimmt, dass die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausgeübt werden. Es handelt sich bei den oben genannten Beispielen also nunmehr um originär der Wohnungseigentümergemeinschaft zustehende Ansprüche.

Das neue WEG enthält eine Übergangsvorschrift in § 48 Abs. 5 WEG nur hinsichtlich der verfahrensrechtlichen Vorschriften, die für bereits vor dem 01.12.2020 anhängige Verfahren in ihrer bis dahin geltende Fassung weiter anzuwenden sind. Die Neuregelung des § 9a WEG betrifft jedoch nicht eine solche verfahrensrechtliche Vorschrift, sondern regelt die Frage, wer inhaltlich prozessführungsbefugt ist.

Da eine diesbezügliche Übergangsregelung fehlt, wurde von in der Literatur bislang überwiegend vertreten, dass die Prozessführungsbefugnis mit dem Inkrafttreten des neuen WEG zum 01.12.2020 entfallen ist. Auch von Instanzgerichten wurde diese Auffassung vertreten (LG Frankfurt a. M., Urteil vom 28. Januar 2021, 2-13 S155/19; LG Frankfurt a. M., Urteil vom 11.02.2021, 2/13 S 46/20; AG Mönchengladbach-Rheydt, Hinweisbeschluss vom 19.02.2021,10 C 56/20; a.A.: AG Heidelberg, Verfügung vom 05.01.2021,45 C108/19).

Der BGH hat diese Streitfrage nunmehr mit Urteil vom 07.05.2021 (V ZR 299/19) dahingehend entschieden, dass die Regelung des § 48 Abs. 5 WEG eine Regelungslücke enthält und im Ergebnis nach dem Rechtsgedanken dieser Übergangsregelung es bei der Prozessführungsbefugnis eines einzelnen Eigentümers bleibt, solange ein entgegenstehender Wille der Gemeinschaft der Eigentümer nicht durch eine schriftliche Äußerung des vertretungsberechtigten Organs der Wohnungseigentümergemeinschaft dem Gericht zur Kenntnis gebracht wird. Verfahren, die auf einer Klage eines einzelnen Eigentümers beruhen, die vor dem 01.12.2020 bei Gericht eingegangen ist, können also durch diesen einzelnen Eigentümer fortgesetzt werden, solange nicht der entgegenstehende Wille der Gemeinschaft belegt ist.