Neuigkeiten im Mietrecht

Gewerbemiete während der Corona Pandemie – Rechtsprechungstendenzen

Die Corona Pandemie und ihre Auswirkungen gerade auf die Gewerbemietverhältnisse befassen zunehmend die Gerichte. Auch wenn eine Entscheidung des BGH bislang aussteht, sind in der Instanzrechtsprechung klare Tendenzen erkennbar, eine Reduktion der Miete aufgrund der Pandemiefolgen dem Grunde nach zuzulassen:

Einigkeit besteht zunächst darin, dass corona-bedingte Schließungen aufgrund behördlicher Anordnungen keinen Mietmangel darstellen, der Mieter also nicht berechtigt ist, die Miete zu mindern. Auch ein Fall der Unmöglichkeit der Gebrauchsüberlassung der Mietsache soll nach überwiegender Ansicht nicht vorliegen, sodass der Gewerbemieter auch aus diesem Grunde nicht von der Pflicht zur Zahlung der Miete frei wird.

Die Gerichte halten allerdings nahezu einhellig das sogenannte Institut der „Störung der Geschäftsgrundlage“ für anwendbar. Danach kann ein Vertragspartner für den Fall, dass sich Umstände, die Grundlage des Vertrages geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändern, eine Anpassung der Vertragsbedingungen verlangen, wenn ihm ein Festhalten an diesen Regelungen unter Abwägungsgesichtspunkten nicht zugemutet werden kann, § 313 Abs. 1 BGB.

Für Sachverhalte ab dem Jahr 2021 erstaunt dies insoweit nicht, als der Gesetzgeber mit dem am 31.12.2020 verkündeten Art. 240 § 7 EGBGB explizit auf die Regelung in § 313 BGB verweist. Die Gerichte werten diese Bezugnahme allerdings lediglich als Klarstellung und wenden das Institut der Störung der Geschäftsgrundlage konsequent auch auf Zeiträume in der Vergangenheit, insbesondere aus dem Frühjahr 2020, an.

Auf eine Störung der Geschäftsgrundlage können sich damit Gewerbetreibende dem Grunde seit dem Beginn der Corona Pandemie berufen.

Um eine Störung der Geschäftsgrundlage und die damit verbundene Anpassung des Mietzinses jedoch erfolgreich geltend machen zu können, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein:

So hat der Gesetzgeber mit der Regelung in Art. 240 § 7 EGBGB eine widerlegliche Vermutung dafür aufgestellt, dass staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID

19 Pandemie solche Umstände darstellen, die sich nach Vertragsschluss schwerwiegend geändert haben und bei Vertragsschluss für die Partein nicht erkennbar waren. Diese Vermutung wird nur in Fällen als widerlegt angesehen, in denen die Parteien etwa einen Mindestmiete festgesetzt (so das LG Heidelberg in einem Urteil vom 30.7.2020, 5 U 66/20) oder ausdrücklich eine einseitige Risikoverteilung vereinbart haben (OLG München, Hinweisbeschluss vom 17.2.2021,32 U 6358/20). In den meisten Fällen wird demnach die Vermutungswirkung greifen.

Des Weiteren trägt der Mieter die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er bei Kenntnis der veränderten Umstände aufgrund der Pandemie den Mietvertrag nicht in der jeweiligen Form geschlossen hätte. Auch hier geht die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte überwiegend davon aus, dass in einem solchen Fall die Risikoverteilung gerade nicht einseitig im Vertrag geregelt worden wäre, so etwa das OLG Dresden in einem Urteil vom 24.2.2021 (Az. 5 U 1782/20) sowie des OLG München in dem vorgenannten Beschluss vom 17.2.2021. Auch diese Voraussetzung wird daher überwiegend als gegeben angesehen.

Schließlich setzt der Anspruch auf Vertragsanpassung voraus, dass für den Mieter die veränderte Situation nicht zumutbar ist. Bei der Einschätzung, unter welchen Voraussetzungen die Zumutbarkeitsprüfung zugunsten des Mieters und in welcher Höhe ausschlägt, werden unterschiedliche Auffassungen vertreten. So ist für einige Gerichte erst bei einer existenzgefährdeten Situation die Grenze zur Unzumutbarkeit erreicht (vergleiche OLG Karlsruhe, Urteil vom 24.2.2021, Az. 7 U 109/20). Andere sind der Ansicht, dass bereits bei signifikanten Umsatzeinbußen ohne Existenzbedrohung eine Störung der Geschäftsgrundlage vorliegt, so etwa das OLG Dresden im Urteil vom 24.2.2021, Az. 5 U 1782/20. Das OLG Dresden hat bei seiner Bewertung auf den jeweiligen Abrechnungsmonat für die Miete abgestellt und eine einmonatige Schließung – unabhängig von der Höhe der Umsatzeinbußen – als derartig schweren Äquivalenzstörung des Mietverhältnisses angesehen, dass eine Mietanpassung gerechtfertigt sei. Andere Gerichte stellen auf den Jahresumsatz ab, wobei ein Umsatzverlust von 10 % des Jahresumsatzes keine ausreichende Grundlage für eine Vertragsanpassung bieten soll (so LG Münster im Urteil vom 19.2.2021, Az. 23 O 18/20).

Ebenso uneinheitlich wird wiederum die Frage beantwortet, welche quotale Kostenverteilung bei Betriebsschließungen erfolgen soll. Hier kommen einige Gerichte jedenfalls zu einer 50-prozentigen Mietkürzung, die allerdings nicht pauschal angewandt werden sollte (etwa OLG Dresden, Urteil vom 24.2.2020 21,5 U 1782/20, LG Dortmund in einem Urteil vom 23.2.2021 Az. 12 O3 159/20 oder LG München I im Urteil vom 25.1.2021, Az. 31 O 7743/20).

Es ist im Ergebnis eine klare Tendenz der Instanzrechtsprechung dahingehend zu verzeichnen, dass infolge corona-bedingter Schließungen von Gewerberäumen eine maßgebliche Mietanpassung verlangt werden kann. Es wird nun mit Spannung die Entscheidung des BGH zu der Frage erwartet, welche Abwägungskriterien für eine solche Mietanpassung herangezogen werden können.